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04 Apr
Wie weit soll Digitalisierung gehen? Senatoren fordern Recht auf analoge Alternativen

Digitalisierungsminister Ivan Bartoš (Piraten) hat die Vision, Ämter und Behörden zu 100 Prozent zu digitalisieren, sodass analoge Alternativen überflüssig werden. Dagegen regt sich Widerstand - auch aus den Reihen der Regierungskoalition. Eine Gruppe von 17 Senatoren, angeführt von Zdeněk Hraba (parteifrei in der ODS-Senatsfraktion), möchte das Recht, die digitalen Dienste des Staates nicht nutzen zu müssen, in der Charta der Grundrechte und -freiheiten verankern. Nach ihrer Ansicht ist dies von entscheidender Bedeutung, sowohl um Menschen zu schützen, die nicht digital versiert sind, als auch um zu verhindern, dass der Staat in Notsituationen wie einem Stromausfall zusammenbricht.

Ivan Bartoš, Minister für Regionen und Digitalisierung

Bild: Facebook/Ivan Bartoš

"Niemand darf gezwungen werden, seine Rechte und Pflichten über elektronische Netze und Speichermedien auszuüben", lautete die Forderung der Senatoren, die vor allem aus den Regierungsfraktionen ODS, TOP'09 und KDU-ČSL stammen. Die Initiative der Senatoren forderte weiters, in der Verfassung zu verankern, dass Händler verpflichtet sind, Bargeld anzunehmen.

Hraba sagte, er sei der Meinung, dass dies kein Zeichen der Ablehnung von Digitalisierung ist. Allerdings hält er eine Versicherung für den Fall für notwendig, dass elektronische Dienstleistungen ausfallen. "Es könnte Krisensituationen geben, in denen digitale Einsen und Nullen nicht funktionieren. Das muss nicht nur ein Krieg sein, es könnte auch ein elektromagnetischer Sturm oder ein Stromausfall sein. Dann muss sofort eine Backup-Option greifen, die in einem vereinfachten 'Bleistift-und-Papier-Modus' funktioniert. Wenn wir diese Option verlieren, ist das sehr unverantwortlich", sagte er.

Er glaubt auch, dass es darum geht, Menschen zu schützen, die nicht wissen, wie man mit digitalen Werkzeugen umgeht. Sie machen vierzig Prozent der Gesellschaft aus, so Hraba. "Es gibt bereits digitale Betrüger, die sich als Institutionen ausgeben. Cyberkriminelle könnten das ausnutzen, um beispielsweise an Daten über Bankkarten usw. zu gelangen.", sagte er. Digitalisierungsminister Bartoš versicherte, dass er nicht plane, analoge Wege im Behördenverkehr abzuschaffen. Dies solle "auf freiwilliger Basis" den normalen Bürgern angeboten werden. Die Digitalisierung helfe, Kosten zu reduzieren. "Wenn wir einen schlanken und kostengünstigen Staat wollen, dann muss die Digitalisierung und Automatisierung auf staatlicher Seite stattfinden", meinte Bartoš.

Bartoš sieht sich einerseits den Bestrebungen der Senatoren gegenüber, die der Digitalisierung Grenzen setzen wollen, andererseits steht er in der Kritik, dass diese zu langsam sei. Darauf hat zum Beispiel der Oberste Rechnungshof (NKÚ) hingewiesen, der darauf hinweist, dass nur siebzehn Prozent der Dienstleistungen, die der Staat in der Vergangenheit digitalisieren wollte, auch digitalisiert wurden.

Nach Angaben von Petr Kuchař, dem stellvertretenden Direktor der Agentur für Digitales und Information (DIA), nutzen sechs Millionen Bürger in der Tschechischen Republik fünfzehn Millionen Identitätsgeräte - eine elektronische Identität kann also von mehr als der Hälfte der Gesellschaft verwendet werden, berichtete er gegenüber dem Fernsehsender ČT24. Allerdings kommunizieren im Baltikum 67 Prozent der Menschen elektronisch mit den Behörden, und fast die Hälfte von ihnen vereinbart zum Beispiel Arzttermine online. Laut Kuchař wird die Tschechische Republik noch Zeit brauchen, um ähnliche Zahlen zu erreichen.


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