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24 Aug
Tschechiens Außenminister fordert EU-Visastopp für Russen

Jan Lipavský (Piraten), Außenminister des EU-Vorsitzlandes Tschechien, forderte auf dem internationalen Forum Alpbach das Ende der Vergabe von EU-Visa an russische Staatsangehörige. Lipavský unterstützte damit den Vorstoß der Regierungschefinnen von Estland und Finnland, Kaja Kallas und Sanna Marin, die bereits vergangene Woche russische Bürger auf diese Weise sanktionieren wollten. Lipavskýs Referat in Alpbach erntete jedoch nicht bei allen Mitdiskutanten ungeteilten Zuspruch. Mit dieser Maßnahme spiele man dem Moskauer Regime in die Hände, weil Gegner von Wladimir Putin keine Möglichkeit haben, ins europäische Ausland zu fliehen, konterte die slowenische Außenministerin Tanja Fajon. 

Bild: Global Residence Index

Der Stopp der Visavergabe an Russen ist die nächste Eskalationsstufe im System der EU-Sanktionen. "Europa zu besuchen ist ein Privileg, kein Menschenrecht", mit diesem griffigen Zitat setzte die estnische Ministerpräsidentin Kallas die Diskussion in gang. Befürworter eines de facto kompletten Einreiseverbotes russischer Staatsangehöriger, zu denen auch die tschechische EU-Ratspräsidentschaft zählt, argumentieren, dass diese Maßnahme vorwiegend wohlhabende Russen treffe. "Ich finde es nicht richtig, dass russische Bürger als Touristen in die EU, den Schengen-Raum einreisen und Sightseeing machen können, während Russland Menschen in der Ukraine tötet ", sagte Finnlands Premierministerin Marin. Lipavský sprach in Alpbach auch den Sicherheitsaspekt an: Mitarbeitern russischer Geheimdienste würde so die Tätigkeiten innerhalb der EU erschwert, so der Außenminister.

Demgegenüber wenden die Gegner dieser Maßnahme ein, bei einem "Visa-Krieg" würden die falschen Personen leiden. Regimekritikern werde die Möglichkeit genommen, sich in EU-Gebiet in Sicherheit zu bringen. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz vertritt diese Linie. "Es ist nicht der Krieg des russischen Volkes, es ist Putins Krieg", sagte er in Reaktion auf die neuen Sanktionspläne. Neben Scholz zählt auch der im westlichen Exil lebende, russische Putinkritiker Wladimir Milow zu den Skeptikern einer Visasperre.

Der Stopp der Visavergabe wird EU-intern heftig diskutiert. Eine klare Mehrheit für oder gegen diese Option hat sich noch nicht herauskristallisiert. Derzeit sind nur ausgewählte russische Politiker, Oligarchen und Schlüsselpersonen des Kremls von einem Einreiseverbot betroffen. Da es keinen direkten Flugverkehr zwischen Russland und den EU-Staaten mehr gibt, erfolgen die allermeisten Einreisen von Russen in die Europäische Union über die Landgrenzen. Nach Angaben der estnischen Behörden überqueren täglich durchschnittlich 2500 Russen die Grenze in den baltischen Staat, die Hälfte davon reise mit Touristenvisa ein.

Die direkten Nachbarstaaten Russlands - Finnland, Estland, Lettland, Litauen und Polen - sind in engem Kontakt. Sollte innerhalb der EU keine Mehrheit für den Visastopp gelingen, könnten diese Staaten in Eigenregie die Ausstellung von EU-Visa aussetzen. Diese Option hat der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis im Zuge der Diskussion ins Spiel gebracht.

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