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11 Jan
Gretchenfrage Euro: Gegner und Befürworter drängen auf Entscheidung

Die Neujahrsrede von Staatspräsident Petr Pavel hat die Diskussion in Gang gebracht. Pavel regte in seiner Ansprache an, über die Einführung der Eurowährung in der Tschechischen Republik "nachzudenken". In Reaktion darauf hat die Oppositionspartei ANO, die gegen den Euro ist, angekündigt, sich für ein baldiges Referendum zu dieser Frage einzusetzen (POWIDL berichtet im Wirtschafts-Teil darüber). Umfragen zufolge ist die tschechische Bevölkerung mehrheitlich gegen die Euro-Einführung. Auch die größte Regierungspartei ODS ist gegen einen Wechsel in die Eurozone "zum jetzigen Zeitpunkt". Dennoch mahnt Oldřich Dědek, der von 2007 bis 2017 Regierungskoordinator für die Euro-Einführung war, mit den Vorbereitungen für eine allfällige Währungsumstellung rechtzeitig zu beginnen.

Bereits 2010 wurde für Tschechien eine satirische Euromünze mit dem Abbild des braven Soldaten Schwejk entworfen.

Illustration: Shamila/Necyklopedie 

Oldřich Dědek, ehemaliger Koordinator für den Euro, hält es für eine gute Idee, mit den Vorbereitungen für die Einführung des Euro zu beginnen. Er würde nicht die aktuelle Situation betrachten, sondern in die Zukunft blicken. Prognosen sollen uns sagen, wie der Zustand der Tschechischen Republik in zwei bis drei Jahren sein wird, wenn er gut ist, dann wird der Euro zustande kommen, sagte Dědek in einem Interview mit dem tschechischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen.

"Es gibt Länder, die der Eurozone in einer Zeit der tiefen Finanzkrise beigetreten sind, zum Beispiel die baltischen Republiken. Und es gibt Länder wie Kroatien, die zu einer Zeit beigetreten sind, als die Inflation sehr hoch war. Es hängt also davon ab, wie die Regierung den Euro bewertet, ob sie ihn als langfristige Priorität ansieht und nicht nur auf das schaut, was gerade passiert", setzte Dědek fort.

Er wies auch darauf hin, dass die Einführung des Euro ein langfristiger Prozess sei. "Wenn man beschließt, den Euro einzuführen, ist das technisch in drei Jahren möglich. Heute befinden wir uns vielleicht noch in einer wirtschaftlichen Rezession, aber in zwei bis drei Jahren wird die Lage gut sein, die Inflation wird verschwunden sein, die Regierung wird ihre Konsolidierungsbeschlüsse erfüllt haben, wenn wir es also dynamisch betrachten, ist das die richtige Sichtweise", meinte Dědek.

Die Euro-Befürworter in Tschechien laufen aber Gefahr, die "Rechnung ohne Wirten" zu machen. Die Stimmung in der Bevölkerung ist schon seit Jahren mehrheitlich gegen den Euro eingestellt. Laut den letzten Umfragen liegen die Eurogegner bei gut 63 Prozent, also knapp unter der Zweidrittelmehrheit. Sollte tatsächlich ein Referendum stattfinden, so wie es die ANO-Bewegung des Industriellen und Ex-Premiers Andrej Babiš anstrebt, so wäre eine Diskussion über die Abschaffung der Tschechischen Krone auf absehbare Zeit vom Tisch.

Einig mit der ANO-Bewegung ist sich in dieser Frage auch die Partei ODS von Premier Petr Fiala und Finanzminister Zbyněk Stanjura. Die Bürgerdemokraten lehnen eine Euro-Einführung "derzeit" ab - im Gegensatz zu den anderen Regierungsparteien. Kritiker werfen der ODS dabei vor, "mit gespaltener Zunge" zu sprechen. Fiala und Stanjura argumentierten stets, das Konsolidierungspaket der Regierung sei notwendig zum Erlangen der Maastricht-Kriterien. Diese Kriterien gelten jedoch nur für Staaten der Eurozone und für solche, die sich um einen Beitritt zum Euro bemühen.


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