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06 Feb
Koalitionsstreit um Einsetzung eines Regierungsbeauftragten für die Euro-Einführung

Die Bürgerdemokraten (ODS) von Premier Petr Fiala haben sich im jüngsten Koalitionsstreit um die Einsetzung eines Regierungsbeauftragten für die Euro-Einführung in Tschechien durchgesetzt. Der von Europaminister Martin Dvořák (STAN) geforderte Posten wird nicht besetzt. Dies gab Premier Fiala am Abend des 6. Februar nach einem Treffen der Parteispitzen der fünf Koalitionspartner bekannt. Zuvor hat Dvořák die Einsetzung eines Regierungsbeauftragetn zur Koordination und Vorbereitung einer Euro-Einführung in Tschechien gefordert. Für diese Aufgabe wäre der Ökonom Petr Zahradník vorgesehen gewesen. Der Premier sagte auch, dass das Kabinett die Stellungnahme des Nationalen Wirtschaftsrates der Regierung (NERV) zur Bewertung der Frage des Beitritts der Tschechischen Republik zum WKM II bis Oktober 2024 einholen werde.

Bild: 123site/Pixabay

Der Legislativrat der Regierung werde bis Oktober auch gesetzgeberische Fragen im Zusammenhang mit dem möglichen Beitritt der Tschechischen Republik zum WKM II oder zur Eurozone bewerten, sagte Fiala. Das Kabinett werde dann auf der Grundlage dieser Fragen und der wirtschaftlichen Ergebnisse dieses Jahres über das weitere Vorgehen entscheiden, sagte er.

Vor der Sitzung wies Fiala darauf hin, dass die Regierung andere Probleme und Aufgaben habe, als die Öffentlichkeit mit Streitigkeiten innerhalb der Koalition zu beschäftigen. "Für mich ist es wichtig, dass unsere Regierung das tut, was sie zum Wohle der tschechischen Bürgerinnen und Bürger tun muss, und sie nicht mit unnötigen internen Diskussionen belastet", sagte er und ergänzte, "alle Mitglieder der Koalition müssten sich darüber im Klaren sein, dass ihre Gegner Populisten und Extremisten seien". Arbeitsminister Marian Jurečka (KDU-ČSL) äußerte sich in ähnlicher Weise wie der Premier. "Es ist notwendig, auf Teamarbeit zu bauen, und nicht solche Überraschungen zu machen, wie es Martin Dvořák aus seiner Sicht gerade getan hat", sagte er gegenüber Česká televize.

Das Treffen der Koalitionsspitzen wurde als "Schlichtungsrat" einberufen, nachdem Europaminister Dvořák im Alleingang den Ökonomen Zahradník quasi im Alleingang als Regierungsbeauftragten designiert hat. Eine derartige Sitzung gab es seit Bestehen der Fünferkoalition noch nie. Dvořák, pochte vor Beginn der Unterredung nach wie vor auf Zahradník und kritisierte den Regierunsgpartner für die Einberufung der Sitzung. "Ich gehe davon aus, dass wir über das Funktionieren der Koalition sprechen werden. Ich verstehe nur nicht, warum der Grund für die Einberufung der ersten Vermittlungssitzung in der Geschichte der Koalition eine so triviale Angelegenheit wie die Ernennung eines Beauftragten ist, wenn die Minister dieser Regierung bereits Dutzende von Beauftragetn ernannt haben", meinte Dvořák. "Für mich ist dies kein Streit, der es verdient, in einem besonderen Schlichtungsverfahren auf einer Ebene gelöst zu werden, die es innerhalb der Koalition noch nicht gegeben hat", fügte der Minister hinzu.

Politologen: Fiala schärft sein eurokritisches Profil

Politische Beobachter in der Tschechischen Republik deuten die jüngsten Entwicklungen in der "Causa Zahradník" als leicht durchschaubaren Versuch des von der Reputation angeschlagenen Premiers, im Lager der Euro-Gegner zu punkten.

Die Ablehnung der Koalition gegen Dvořáks Alleingang sei zwar vorhersehbar gewesen, aber nicht in dem Maße, dass ein Vermittlungsverfahren notwendig gewesen wäre, meinte etwa Daniel Kroupa, Politologe an der Jan-Evangelista-Purkyně-Universität von Aussig. "Ich glaube, dass dies ein Sturm im Wasserglas ist, der sich legen wird", kommentierte Kroupa. Er rechnet nicht damit, dass der aktuelle Streit die Regierung spalten wird. Kroupa ist der Meinung, dass die Regierung, die vorgibt, pro-europäisch zu sein, die Tschechische Republik auf den Beitritt zur Eurozone vorbereiten sollte. "In einer Art Vorbedingung, die nicht die sofortige Einführung des Euro ist", stellte er klar. Seiner Meinung nach sieht das auch Minister Dvořák so. "Es ist ein Schritt, der in keiner Weise der Koalitionsvereinbarung widerspricht", fügte der Politikwissenschaftler hinzu.

"Ich sehe es eher so, dass die fünf Regierungsparteien versuchen, eine Art Identität zu bestätigen. Angesichts dessen, was der Europaminister getan hat, (...) wollen die anderen Parteien zeigen, dass auch sie eine Meinung zum Euro haben", sagte der Journalist und Geschäftsführer des Fonds für unabhängigen Journalismus David Klimeš in einem Interview mit dem Nachrichtensender ČT24. Genauso wie Kroupa sagte auch er, es handle sich hier nur um einen "Sturm im Wasserglas". "Wenn er gewusst hätte, in was er damit politisch verwickelt sein würde, hätte er sich vielleicht nicht in diese Position begeben", kommentierte Klimeš das Vorgehen des Europaministers.

Klimeš bemerkte, dass die Tatsache, dass Zahradník für die Einführung des Euro ist, für einige ODS-Mitglieder ein Problem darstelle. "Ich sehe darin eine gewisse Spannung im Hinblick auf die bevorstehenden Europawahlen - wo sonst sollte man zeigen, dass STAN und die Piraten eher pro-europäische Parteien sind, während die ODS eher skeptisch und enthusiastisch für den Erhalt der tschechischen Krone ist", urteilt er.


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