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08 Jun
Neuer Generaldirektor von Česká televize will Reform der Rundfunkgebühren

Das Ziel des neu gewählten Generaldirektors des tschechischen Fernsehens (ČT), Jan Souček, ist es, die Institution auf das Ende der terrestrischen Ausstrahlung im Jahr 2030, und auf den Übergang in den ausschließlich digitalen Raum vorzubereiten, in dem die Zuschauer die Programme über verschiedene Anwendungen sehen können. Seiner Meinung nach ist es auch wichtig, die Finanzierung des Fernsehens zu reformieren und über die Form der Rundfunkgebühren zu diskutieren, die er gerne bei etwa 180 CZK (7,62 Euro - bisher 135 CZK / 5,72 Euro) sehen würde. Souček gab nach seinem Amtsantritt in der Sendung "Události, komentáře" dem Journalisten Daniel Takáč ein ausführliches Interview.

Bild: 123site/Dušan veverkolog/Unsplash

Der designierte Generaldirektor Souček, der am 1. Oktober sein Amt antreten wird, kündigte eine Digitaloffensive im öffentlich-rechtlichen Rundfunk an. Das Ende der terrestrischen Ausstrahlung der TV-Programme werde am Ende seiner sechsjährigen Amtszeit erreicht sein. Ab dem Jahr 2030 sollte es nur noch digitale Ausstrahlungsformen geben. Im Zeitalter des iBroadcasting werde sich der Rundfunk ausschließlich per Internet übertragen und über Smart-TV, Computer, Tablets oder Mobiltelefone empfangen. Souček sieht seine wichtigste Aufgabe darin, das Unternehmen ČT auf diese Umstellungen bestmöglich vorzubereiten.

Der Technologiewechsel werde auch von den Zusehern eine Umstellung verlangen, vor allem die Anschaffung internetfähiger Endgeräte. "Nach dem Ende der terrestrischen Ausstrahlung wird es wahrscheinlich keine andere Möglichkeit geben, Fernsehinhalte zu sehen. Das ist die Orientierung des heute überwiegend jungen Publikums. Aber auch ältere Generationen werden den Weg zu diesem Fernsehen finden. Ich denke, dass sowohl die Covid-Pandemie als auch das Aufkommen der internationalen VOD-Plattformen (VOD steht für Video on Demand, Anm.) in der Tschechischen Republik dazu geführt haben, dass sich sowohl ältere Generationen, als auch die Teenager sehr gut an die Suche nach Inhalten angepasst haben", sagte Souček.

Ob dadurch dennoch eine große Zahl an Zuseherinnen und Zusehern ausgeschlossen wird? - Souček: "Ich denke, wir werden der Agenda folgen müssen, die Europa derzeit unisono diskutiert. Ich glaube nicht, dass ČT einen Alleingang machen wird, denn dies ist ein ganz entscheidender Schritt, der viele Veränderungen in der audiovisuellen Welt mit sich bringen wird."

Der künftige ČT-Generaldirektor sagte weiters, er hielte es für angemessen, über eine Erhöhung der Rundfunkgebühren zu diskutieren. "Dies muss in einen gewissen Kontext gestellt werden. Nehmen wir an, dass heute in Europa die optimale Höhe der Fernseh- oder Mediengebühr bei etwa 0,6 Prozent des Durchschnittslohns liegt. Das wären in der Tschechischen Republik 248 Kronen (10,52 Euro). Ich denke jedoch, es ist jedem in der Branche klar, dass dies eine undurchführbare Option ist. Ich glaube, wenn wir eine politische Debatte mit den Abgeordneten führen und eine Gebühr in der Größenordnung von 180 Kronen (7,62 Euro) beschließen würden, wäre eine stabile Finanzierung der ČT für viele Jahre gesichert", meinte Souček.

ČT ging 1993 als Nachfolgerin des Tschecholsowakischen Fernsehens (ČST) hervor. Das Unternehmen betreibt sieben Fernsehsender, davon vier 24-Stunden-Vollprogramme. ČT1 setzt den Schwerpunkt auf Unterhaltung, ČT2 auf Information und Kultur, ČT24 ist ein Nachrichtenprogramm und ČT sport ein Sport-Spartensender. Darüber hinaus betreibt die Gesellschaftden Kinderkanal ČT:D und das Kulturformat ČT art. In der Zeit der Corona-Lockdowns wurde für die ältere Bevölkerung der Kanal ČT3 - mit vorwiegend Archivinhalten - gegründet.

Česká televize ist häufig Zielscheibe von Kritik aus den Reihen der Politik. Der frühere Staatspräsident Miloš Zeman (SPOZ) hat der ČT mehrfach die öffentliche Funktion abgesprochen und die Fernsehanstalt als "von der politischen Partei TOP'09 beeinflusst" bezeichnet. Im Mai 2016 schlug der Präsident vor, dass "das tschechische Fernsehen nicht öffentlich-rechtlich, sondern eine staatliche Einrichtung sein sollte, dass Konzessionäre für seinen Betrieb nicht 135 Kronen pro Monat zahlen sollten, dass dieser Betrieb aus dem Staatshaushalt finanziert werden sollte".

Anfang 2017 reichte der damalige Finanzminister Andrej Babiš (ANO) eine Beschwerde beim Rat des Tschechischen Fernsehens, der als Aufsichtsrat fungiert, aufgrund mehrerer Berichte von ČT über die Umstände seines Kaufs von Agrofert-Anleihen ein. Ziel der Berichte war es, seine Person zu diffamieren und ihm bekannte, zentrale Informationen vorzuenthalten, meinte Babiš.


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