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05 Sep
Parlamentswahlen: Kleinkrieg um Kleinparteien

Nach der Wahl ist vor der Wahl - und vor allem: vor der Wahlanfechtung. Das Wahlergebnis vom 3. und 4. Oktober wird mit großer Sicherheit angefochten werden und die Höchstgerichte befassen. Hinter dem Antreten der Protestbewegung "Stačilo!/Es reicht!" vermuten Mitbewerber ein "verstecktes Wahlbündnis" aus der kommunistischen Partei (KSČM) und den Sozialdemokraten (SocDem). Für ein Wahlbündnis aus zwei Parteien würde die tschechische Wahlordnung eine Eintrittshürde ins Parlament von 8% (anstatt 5%) vorsehen. Aber auch andere Einzelparteien, die "mit Unterstützung" von Kleinparteien antreten, sind in die Kritik geraten.

Bild: Facebook/Stačilo

In der Kommunalpolitik ist es durchaus üblich, dass etwa auf einer Liste "Gemeinsam für unsere Stadt" Kandidaten aus verschiedenen Parteien zu finden sind. Bei Parlamentswahlen wird jedoch in Tschechien unterschieden, ob eine antretende Liste eine Einzelpartei repräsentiert oder mehrere Parteien auf sich vereint. Im zweiten Fall spricht man von einem "Wahlbündnis", für das andere Eintrittshürden für den Einzug ins Parlament gelten. Treten zwei Parteien gemeinsam an, so muss die Liste 8% erreichen, bei drei oder mehreren Parteien, so wie es bei der Liste Spolu der Fall ist, sind es 11%.

Das Antreten der Bewegung Stačilo! hat bereits vor der Wahl für Unmut bei Mitbewerbern gesorgt. Laut Eigendefinition bezeichnet sich die Liste als neue Bewegung als Reaktion auf die Politik der Regierung von Premier Petr Fiala (ODS/Spolu). Für Stačilo! treten aber sowohl die Parteichefin der Kommunisten, Kateřina Konečná, als auch jene der Sozialdemokraten, Jana Maláčová, an. Stačilo! selbst ist seit Oktober 2024 eine eingetragene politische Partei, deren Obmann der Blogger "Vidlák", mit bürgerlichem Namen Daniel Sterzig, ist und ebenfalls um ein Mandat im Parlament kandidiert. Zusammengefasst: Eine Partei, auf deren Wahlliste die Chefs dreier Parteien zu finden sind.

Die paneuropäische Kleinpartei Volt und die Corona-kritische Bewegung "Tschechische Republik an 1. Stelle" (ČR1) haben gegen Stačilo! Beschwerde eingelegt. Verfassungsjuristen können dem Argument, dass sich durch solch ein "verstecktes Wahlbündnis" unfaire Wettbewerbsvorteile ergeben, etwas abgewinnen. Marie Zámečníková von der Brünner Masarykuniversität sprach gegenüber dem Tschechischen Rundfunk - im wahrsten Sinn "geflügelte" Worte:

"Wenn etwas läuft wie eine Ente, quakt wie eine Ente und so aussieht wie eine Ente, ja dann wird es wohl eine Ente sein! Wenn also mehrere Gruppierungen unter einem Kopf kandidieren und niemand daran zweifelt, dass es sich um ein Bündnis handelt, ist das wohl so. Und in diesem Fall hat das Bündnis nicht nur die Möglichkeit, sich als solches zu bezeichnen - es ist dazu sogar verpflichtet."

Nicht nur Stačilo!, auch andere zur Wahl antretende Listen, sind aus ähnlichen Gründen ins Visier der Kritik geraten. Volt sah es auch als bedenklich an, dass die rechtsnationale SPD "mit Unterstützung" anderer politischer Bewegungen wie Trikolóra und den Freien/Svobodní auf einer Liste stehen. Die rechtspopulistische "Eid-Bewegung"/Přísaha monierte wiederum das gemeinsame Antreten von Piraten und Grünen.


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