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20 Nov
Sudetendeutscher Tag erstmals in der Tschechischen Republik

Das Motto des 76. Sudetendeutschen Tages lautet "Das Leben ist Begegnung". Der Vorsitzende der Sudetendeutschen Landmannschaft (SdL), Bernd Posselt, kündigte die Veranstaltung als "Fest der gemeinsamen Kultur, Vielfalt, des Dialogs und des Verständnisses, zu dem nicht nur alle Generationen der Sudetendeutschen, sondern auch ihre tschechischen und internationalen Freunde herzlich eingeladen sind" an. Erstmals wird der Sudetendeutsche Tag auf dem Gebiet der Tschechischen Republik abgehalten, was noch vor einigen Jahren als undenkbar galt. Gastgeber des Sudetendeutschen Tages 2026 wird die Stadt Brünn sein.

Bernd Posselt, Vorsitzender der Sudetendeutschen Landmannschaft

Bild: Bernd Posselt

Die Sudetendeutschen wurden im Juni dieses Jahres von Vertretern des Festivals Meeting Brno nach Brünn eingeladen. Der Direktor des Festivals, Petr Kalousek, erklärte damals, dass dies ein Symbol für gegenseitiges Verständnis und die Aufarbeitung einer komplexen und oft tragischen Vergangenheit sei. "Gleichzeitig soll es ein Symbol für ein vereintes Europa gegen aufkommende nationalistische politische Strömungen sein, also genau gegen diejenigen, die den Zweiten Weltkrieg verursacht haben" fügte er hinzu.

Posselt dankte der Initiative Meeting Brno. Seiner Meinung nach wird das Treffen in Brünn 80 Jahre nach der Vertreibung der Sudetendeutschen aus ihrer Heimat "ein Zeichen dafür sein, dass es möglich ist, die durch Nationalismus und totalitäre Ideologien entstandenen Gräben zu überbrücken und den Grundstein für eine bessere Zukunft in einem vereinten Europa zu legen".

Das Festival Meeting Brno findet nächstes Jahr zum gleichen Zeitpunkt wie der traditionell am Pfingstsonntag stattfindende Sudetendeutsche Tag statt. Die Veranstaltungen finden vom 22. bis 31. Mai statt. Die Initiative Meeting Brno organisiert unter anderem den Marsch der Versöhnung in Südmähren, der an die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus Brünn nach dem Krieg erinnert. In diesem Jahr wurde Meeting Brno auf dem Sudetendeutschen Tag in Regensburg mit dem Sudetendeutschen Menschenrechtspreis ausgezeichnet.

"Wir haben mit den Sudetendeutschen eine gemeinsame und in vielerlei Hinsicht komplexe Geschichte. Niemand stellt die Tragödien, Ungerechtigkeiten und Verluste in Frage, die während des Zweiten Weltkriegs und danach geschehen sind. Ich bin jedoch überzeugt, dass das Streben nach gegenseitigem Verständnis und Versöhnung sehr wichtig ist und den Weg für einen Dialog über eine gemeinsame Zukunft ebnet", erklärte die Bürgermeisterin von Brünn, Markéta Vaňková (ODS).

Brünner Kommunisten-Chef läuft Sturm

Posselt hatte die Einladung zuvor als "unglaubliche Ehre" bezeichnet, aber auch festgestellt, dass sie sicherlich Kontroversen auslösen werde. Das ist tatsächlich geschehen. Ende Oktober gab es in Prag und Brünn Proteste gegen die Veranstaltung. Sie warnten vor Versuchen, die Geschichte zu revidieren. An die Stadtverwaltung von Brünn erging eine Deklaration gegen den Sudetendeutschen Tag in Brünn.

Bei einer kürzlich abgehaltenen Sitzung des Brünner Gemeinderates kritisierte unter anderem der Chef der Kommunisten (KSČM) in Brünn, Martin Říha, die Absicht, einen Sudetendeutschen Tag in der Stadt zu veranstalten. Er trat jedoch nur als Bürger auf, da er seit sieben Jahren kein gewähltes Amt in den städtischen Organen mehr innehat. 

Říha reagierte auf die Einladung an die Sudetendeutschen in einem Interview auf der Alternativ-News-Plattform 42TČen: "Wie wir aus der Geschichte wissen, war Brünn eine deutsche Stadt, und wahrscheinlich sind deshalb die Bemühungen, den Kongress gerade hier zu veranstalten, so groß. Wir wissen auch, dass Hitler zu Beginn der Besetzung der Tschechoslowakei nach Brünn kam und von den Brünner Deutschen begeistert empfangen wurde, was gut dokumentiert ist. Ich halte das wirklich für inakzeptabel."

Für die tschechische Bevölkerung ist das Thema dieser Tage nur ein kleines Ereignis am Rande. Im medialen Windschatten der Ereignisse rund um die Bildung der neuen Regierung hat die offizielle Bestätigung des Brünner Sudetendeutschen Tages kaum Präsenz in den Nachrichten. Auf dem Online-Portal idnes.cz sprachen sich jedoch bei einer nicht repräsentativen Leserumfrage am Tag der Veröffentlichung 64% der User von iDnes gegen die Veranstaltung aus, 32% dafür, und 4% war das Thema egal.


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