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24 Oct
Die tschechische Baubranche steht. Wienerberger schließt Werk

Die Covid-Nachwirkungen, hohe Energiekosten, steigende Hypethekarzinsen und die dadurch enstandenen teuren Baukosten halten sowohl Großinvestoren, als auch Privatpersonen derzeit ab, ihr Geld in Bauvorhaben zu stecken. Die Lager der Baustoffhersteller sind voll, jedoch Abnehmer gibt es nicht sehr viele. Das fatale an der Situation ist, dass dieses Problem auch die Nachbarländer betrifft, sodass ein Ausweichen auf andere Märkte sich als schwierig gestaltet. Viele Betriebe haben bereits die Reißleine gezogen.

Bild: Pixabay

So musste beispielsweise der Ziegel- und Dachdeckenhersteller Wienerberger eines seiner Werke komplett schließen. "Das Produktionswerk Týn nad Vltavou geht in einen langfristigen Stillstandsmodus. Der Hauptgrund ist die negative Entwicklung auf dem Baustoffmarkt in der Tschechischen Republik und der Rückgang der Nachfrage nach unseren Produkten", erklärte der CEO des Unternehmens, Kamil Jeřábek, gegenüber der Wirtschaftszeitung E15. Zwei Drittel der 54 Mitarbeiter wurden bereits entlassen. Darüber hinaus schränkt Wienerberger auch die Produktion von Dachmaterial im Produktionswerk in Hranice na Moravě (Mährisch Weißkirchen) ein. 

Auch Kronospan aus Iglau, das Baumaterialien aus Holz produziert, musste die Produktion reduzieren. Das Unternehmen mit 700 Mitarbeitern beklagt volle Lager und einen deutlichen Umsatzrückgang, sodass einige Schichten bereits eingeschränkt werden mussten. Laufen, Erzeuger von Bad- und Sanitärkeramik, entließ Ende letzten Jahres aufgrund von Umsatzrückgängen sieben Prozent seiner rund tausend Mitarbeiter. Auch Hersteller von Zement, Beton, Keramikfliesen oder Steinbruchzuschlagstoffen haben zurzeit keinen Markt. "Der Grund dafür ist, dass der Bau neuer Einfamilienhäuser fast zum Stillstand gekommen ist und insgesamt nur sehr wenig gebaut wird. Aber das Problem mit dem Nachfragerückgang betrifft nicht nur uns", betonte Petr Ondrášek, Betriebsleiter bei CEEC Research. "Auch in Polen, der Slowakei oder Deutschland ist der Markt zum Stillstand gekommen.“ So hat beispielsweise der Dach- und Fassadenziegelhersteller Röben, der den tschechischen Markt von Środa Śląska (Polen) aus beliefert, zu Jahresbeginn die Produktion eingestellt.

Materialpreise sinken, aber die Situation verändert sich nicht

Die Lager der Baumärkte gehen über. Pro-Doma versuchte, mit Preisenkungen den Lagerstand zu reduzieren. "Projekte, die mit Hypotheken und Unternehmenskrediten finanziert werden müssen, werden aufgrund der hohen Zinsen verschoben", warnte Pro-Doma-Geschäftsführer Petr Vaněrka. Auch die Eisen- und Stahlprodukte oder Wärmedämmungen sind im Jahresvergleich deutlich günstiger geworden. Styropor kostet beispielsweise halb so viel wie im letzten Jahr. Für eine Belebung der Braubranche offenbar zu wenig.

Gewerkschaft befürchtet Massenentlassungen

Der Vorsitzende der Baugewerkschaft Stavba, Pavel Zítko, bestätigte, dass die Hersteller von Baustoffen am stärksten von der Krise betroffen sind. "Zuerst versuchten die Hersteller, dem Problem entgegenzuwirken, indem sie die Produktion drosselten, Überstunden begrenzten und befristete Verträge nicht mehr verlängerten", schilderte Zítko. "Allerdings gibt es bereits Signale, dass auch diese Maßnahmen nicht ausreichen werden, und es gibt bereits Informationen über den Beginn von Verhandlungen mit den Gewerkschaften über Massenentlassungen. Bislang waren es nur ein paar Dutzend Menschen", sagte Zítko.

Regierung versucht, mit Subventionen entgegenzusteuern  

Die Regierung hofft, dass der Markt durch das neue Förderprogramm "Repariere Großmutters Haus / Oprav dům po babičce" ankurbeln wird, das dem Sektor Milliarden Kronen einbringen sollte. Im Rahmen des Programms erhalten die Antragsteller einen Vorschuss von über 1 Mio. CZK (40.600 Euro), sowie die Möglichkeit, sich ein günstiges Darlehen für ihre Renovierungsprojekte zu sichern. Die Subvention wird durch Mittel aus dem Modernisierungsfonds der Europäischen Union ermöglicht, wobei 55 Milliarden CZK (2,23 Mrd. Euro) für Subventionen im Rahmen des New Green Savings-Programms vorgesehen sind.

Impulse könnten auch aus Polen kommen

"Die polnische Regierung hat ebnfalls reagiert und das 'Safe Mortgage-Programm' für junge Menschen unter 45 Jahren ins Leben gerufen. Es handelt sich dabei um eine Hypothek mit zwei Prozent Zinsen und einer zehnjährigen Laufzeit. Die Differenz zum Bankzinssatz wird vom Staat bezahlt. Die könnte sich auch positiv auf die in Polen agierenden tschechischen Bauunternehmen auswirken.


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