Es ist nicht alltäglich, dass ein Ministerium einen Betrag von einer Milliarde Kronen (40 Mio. Euro) in Form von Bitcoins gespendet bekommt. Dieses seltsame Ereignis hat sich im März 2025 zugetragen, und der Spender an das Justizministerium war ein Geschäftsmann, der bis 2021 eine Haftstrafe wegen Veruntreuung, Drogenhandels und anderen Delikten verbüßt hat. Die Herkunft der Spende wurde vom Ministerium nicht überprüft, laut den Ermittlungen der Polizei soll das Geld aus Darknet-Transaktionen stammen. ODS-Justizminister Pavel Blažek musste am 30. Mai zurücktreten, seine Parteikollegin Eva Decroix soll am 10. Juni das Amt antreten.
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"Warum sollte ein Mensch, der seine Strafe abgesessen hat, nicht zum Beispiel dem Staat etwas schenken – etwa als Form der Buße?" So rechtfertigte Blažek die unreflektierte Annahme der Spende des Geschäftsmannes Tomáš Jiříkovský an das Ministerium. Blažek schloss mit Jiříkovský einen Schenkungsvertrag ab, das Kryptogeld soll versteigert, und so in reales Geld umgewandelt werden.
Die Investigativjournalistin Zdislava Pokorná von der Tageszeitung Deník N, die sich mit der Causa intensiv beschäftigt hat, erklärte jedoch im tschechischen Fernsehen, dass die Bitcoins von Jiříkovský aus dem Darknet stammen. "Experten, die sich mit Kryptowährungen beschäftigen, haben festgestellt, dass die Geldbörse, aus der die Bitcoin ans Ministerium transferiert wurden, mit dem Darknet-Handelsplatz Nucleus zusammenhängt. Dieser virtuelle Markt wurde von 2014 bis 2016 betrieben. Und die Experten fanden heraus, dass eben Jiříkovský zu der betreffenden Bitcoin-Geldbörse Zugang hatte", sagte sie.
Blažek sagte am Tag seines Rücktritts, er hätte keinen Grund zur Annahme gehabt, dass es sich bei der Spende um schmutziges Geld handeln könnte. "Als der Schenkungsvertrag geschlossen wurde, gab es keinen Entscheid eines Gerichts oder eines anderen Justizorgans, der konstatiert hätte, dass der Gegenstand des Vertrags aus einer Straftat stammen könnte", so Blažek.
Im April nahm die Polizei Ermittlungen auf. Laut der zuständigen Staatsanwaltschaft Olmütz bestehe der Verdacht der Geldwäsche und des Amtsmissbrauches. Nachdem die Behörde im Ministerium ihre Untersuchungen begonnen hat, erklärte Justizminister Blažek seinen Rücktritt, vor allem deswegen, um "vier Monate vor den Wahlen die Regierungskoalition nicht zu belasten".
Affäre scheint weitere Kreise zu ziehen
Jedoch ist nach dem Rücktritt keine Ruhe in der Koalition eingetreten. Vor allem innerhalb der Partei der Bürgerdemokraten ODS dürfte ein Dominoeffekt in Gang gesetzt sein, der die Politik noch längere Zeit beschäftigen wird. Blažek hat nämlich erklärt, auch Finanzminister Zbyněk Stanjura (ODS) sei informiert gewesen, allerdings erst, nachdem der Schenkungsvertrag zwischen dem Justizministerium und Jiříkovský unterzeichnet worden ist. Somit dürfte auch von Seiten des Finanzministeriums keine Nachforschungen über die Herkunft des Geldgeschenkes unternommen worden sein.
Jackpot für die Opposition
Die neue Bitcoin-Affäre spielt der größten Oppositionspartei ANO im Wahlkampf in die Hände. Vize-Parteichef Karel Havlíček forderte den Rücktritt der gesamten Regierung. "Wir fordern von der Regierung genügend Selbstreflexion, dass sie ihren Rücktritt einreicht, wie das in Großbritannien geschehen ist. Nach dem, was passiert ist, und da könnte man noch weitere Probleme nennen, darf diese Regierung maximal noch kontrollieren, ob auch alle Lichter im Abgeordnetenhaus gelöscht sind und ob der Müll hinausgetragen wurde", ätzte er. Für die Parlamentssitzung vom 5. Juni hat ANO gemeinsam mit der rechten SPD ein Misstrauensvotum gegen die Regierung angekündigt.
Eva Decroix soll neue Justizministerin werden
Die 43-jährige Juristin und Parlamentsabgeordnete Eva Decroix ist als eine von sechs stellvertretenden Parteichefs fest in der ODS verankert. Sie wurde in Ostrau geboren, wuchs aber in Iglau/Jihlava auf. Sie studierte in Frankreich und schloss ihr Jurastudium an der Universität Lille II ab.
Decroix führt eine Anwaltskanzlei in Iglau und Prag und war als Abgeordnete in der Kommunalpolitik von Iglau und im Regionalrat der Hochlandregion/Vysočina tätig, ehe sie nach den Parlamentswahlen 2021 ins Prager Abgeordnetenhaus wechselte. Sie ist mit dem französischen Chefkoch Rémi Decroix verheiratet und hat zwei Töchter.
Eva Decroix
Bild: Autor: ZSsen - Vlastní dílo, CC BY-SA 4.0
Premier Petr Fiala (ODS) sagte nach einem Gespräch mit Staatspräsident Petr Pavel, dass Decroix am 10. Juni als Justizministerin vereidigt werde. Er glaubt, dass Decroix "eine große Bereicherung" für das Kabinett sein wird. "Ihre Ernennung ist die bestmögliche Wahl in Bezug auf das Ministerium und die Klärung aller Umstände im Zusammenhang mit der Bitcoin-Spende an den Staat", fügte er hinzu.
Decroix sagte, sie nehme ihre Nominierung mit Demut an. "Ich bin mir bewusst, dass wir jetzt um das Vertrauen in die Institution und das Vertrauen in die Justiz spielen. Um das zu erreichen, müssen wir Schritte unternehmen, um den Bürgern zu versichern, was passiert ist und wie es untersucht wird", sagte sie. "Die Entscheidung liegt beim Premier, er ist für die Regierung verantwortlich. Ich werde seinen Vorschlag respektieren", erklärte Präsident Pavel.
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