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31 Mar
Stimmungsbarometer in Tschechien 2 Monate vor der Europawahl

Es ist ein Kuriosum, dass auf europäischer Ebene die tschechische innenpolitische Parteilogik Kopf steht. Die populistische ANO vertritt mit ihrer EU-Kommissions-Vizepräsidentin Věra Jourová das Brüsseler Polit-Establishment, während die ODS des europafreundlichen Premiers Petr Fiala in der EU-skeptischen ECR verankert ist, die von der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni angeführt wird. Für die tschechische Bevölkerung scheint dies keinen Unterschied zu machen. Das Ergebnis der jüngsten Umfrage von Data Collect vom 25. März: Ein Warnschuss für Fiala, neue Wähler für den ehemaligen Premier und Chef der ANO-Bewegung, Andrej Babiš, und die Rückkehr der Kommunisten.

EU-Parlament in Straßburg

Bild: 123site/Guillaume Périgois/Unsplash

In gut zwei Monaten, am 6. und 7. Juni, gehen die Tschechen an die Urnen, um über ihre Abgeordneten im EU-Parlament zu entscheiden. Das Meinungsforschungsinstitut Data Collect hat in Zusammenarbeit mit dem Soziologen Jan Herzmann die Umfrage für das Projekt "Der tschechische Wähler" erstellt, die in der Wirtschaftszeitung Hospodářské noviny erschienen ist.

Der Umfrage zufolge wird die Wahlbeteiligung einen Rekordwert erreichen - über 33 %, das sind noch fünf Prozentpunkte mehr als bei der ersten EU-Wahl Tschechiens unmittelbar nach dem Beitritt zur Europäischen Union vor 20 Jahren. Damals versuchte die oppositionelle ODS inszenierte damals die Europawahl als Referendum gegen die Regierung des sozialdemokratischen Premiers Vladimír Špidla und errang einen haushohen Sieg. 

Mit demselben Rezept könnte Andrej Babiš mit seiner ANO diesmal ebenfalls erfolgreich sein. Den Umfragedaten zufolge liegt ANO mit 27,3 Prozent (= 7 Sitze) in Front und und hält das liberal-konservative Spolu-Wahlbündnis aus ODS, TOP'09 und den Christdemokraten (KDU-ČSL) mit Respektabstand auf Distanz (20,9 Prozent, 5 Sitze). Das Bündnis aus der rechten SPD und der EU-Austrittspartei Trikolóra hat sich mit 10,9 Prozent (3 Sitze) vor die Piraten geschoben, die nun mit 10,8 Prozent (3 Sitze) auf Platz 4 liegen. Die Piraten treten im Gegensatz zur Parlamentswahl 2021 nicht mehr gemeinsam mit der Bürgermeisterbewegung STAN, sondern alleine an. STAN wiederum geht mit der Regionalpartei SLK ein Bündnis ein und liegt aktuell laut Umfrage bei 9,3 Prozent und 2 Sitzen.

Den Kommunisten (KSČM), die 2021 bei den Parlamentswahlen keinen Sitz mehr erreichten, wird eine politische Wiederauferstehung vorhergesagt. Gemeinsam im Wahlbündnis "Stačilo!" (dt.: "Es reicht!") mit der ehemaligen Blockpartei ČSNS und den "Vereinigten Demokraten" (SD-SN) kommen sie auf 7,1 Prozent, was ein Mandat in Straßburg bedeuten würde. 

Alle anderen Parteien, inclusive den Sozialdemokraten (SocDem), würden die erforderliche Mehheit für ein EU-Abgeordnetenmandat klar verfehlen. 

Link: Daten der Umfrage, veröffentlicht in den Hospodářské noviny (tschech., kostenpflichtig)


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