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31 Aug
Abfuhr für Fiala - Präsident Pavel prüft Veto gegen Rentenreform

Präsident Petr Pavel könnte zum ersten Mal ein Veto gegen ein neues Gesetz einlegen. Laut seiner Sprecherin Markéta Řeháková prüft er dies für die Rentenreform. Pavel wird am 1. September bekannt geben, ob er sein Veto einlegen, oder das Gesetz unterzeichnen werde, fügte sie hinzu. Selbst wenn er die Novelle unterschreibt, kann sie nicht am 1. September in Kraft treten, wie es die Regierung ursprünglich vorgesehen hatte. Pavel besprach die Rentenreform mit Premier Petr Fiala (ODS) bei einem regulären Treffen am 31. August. Fiala ist zur Prager Burg gefahren, um den Staatschef davon zu überzeugen, das Gesetz doch noch im August zu unterzeichnen.

Staatspräsident Petr Pavel

Bild: Facebook/Petr Pavel

"Der Präsident hat einige Vorbehalte gegen die vorgeschlagenen Änderungen bei den Renten. Er erwägt, in den nächsten Tagen ein Veto einzulegen, oder eine Unterschrift zu leisten. Das bedeutet, dass die Änderung des Rentenversicherungsgesetzes nicht, wie von der Regierung vorgesehen, am 1. September in Kraft treten wird", sagte die Sprecherin des Staatsoberhauptes nach dem Treffen von Pavel mit Fiala.

Der Regierungschef äußerte sich nicht zu dem Treffen, aber sein Sprecher, Václav Smolka, sagte, Fiala werde antworten, sobald der Präsident seine Entscheidung bekannt gegeben habe. Vor der Sitzung versicherte der Premier jedoch, dass er an den Präsidenten appellieren werde, die Rentenreform noch am 31. August, zu unterzeichnen. "Ich werde das Treffen nutzen, um den Präsidenten an die Argumente zu erinnern, mit denen unsere Regierung diese Novelle vorbereitet hat, warum es wichtig ist, dass wir Änderungen am Rentensystem vornehmen, und dass es gut wäre, wenn wir diese Änderungen bereits am 1. September umsetzen könnten", sagte Fiala vor dem Treffen.

Die Novelle, die die Regeln für die Berechnung der Rentenindexierung ändert und auch die Bedingungen für den Vorruhestand verschärft, wurde Ende Juli von der Koalition trotz heftigen Widerstands in der Abgeordnetenkammer durchgesetzt. Im August passierte das Gesetz den Senat in einer wesentlich ruhigeren Atmosphäre, jedoch wurde dem Präsidenten eine Woche vor Monatsende eine Frist von 15 Tagen zur Unterzeichnung eingeräumt. Bis Ende August hatte er noch nicht entschieden, ob er das Gesetz unterzeichnen würde, so dass es nicht zu dem vom Kabinett vorgesehenen Zeitpunkt in Kraft treten kann.

Die Situation ist höchst unerfreulich für die Regierungskoalition, die einen geringeren Ausgabeposten bei der Rentenauszahlung im September bereits im Budget eingeplant hat. Wenn Pavel das Gesetz innerhalb der Frist unterschreibt, ist es zwar in Kraft, gilt jedoch nicht per 1. September. Legt er sein Veto ein, bedarf es einer erneuten Parlamentssitzung, bei der die erforderliche einfache Mehrheit gilt, um Pavels Einspruch aufzuheben. Die Opposition hätte dabei eine Bühne, gegen die ungeliebte Novelle medienwirksam anzukämpfen und "die unsoziale Politik der Regierung" anzuprangern.

Offene Fragen: Indexanpassung bei hoher Inflation und die neue Regel zum Vorruhestand

Welche konkreten Einwände Pavel gegen die Novelle hat, dazu hat sich der Präsident noch nicht geäußert. Vladimír Bezděk, ein Berater des Präsidenten, erwähnte jedoch in der Sendung "90'" im Nachrichtenkanal ČT24 zwei Punkte, mit denen das Expertenteam des Staatsoberhauptes ein Problem hat. Der erste ist die Ersetzung der außerordentlichen Indexierungen im Falle einer hohen Inflation. Die Regierung will stattdessen außerordentliche Zulagen einführen, aber Bezděk sagte, diese würden den Staat noch mehr kosten als die außerordentlichen Indexierungen.

Der zweite Vorbehalt betrifft die neuen Regeln für Vorruhestandsrenten. Den Beratern des Präsidenten gefällt es nicht, dass der Zeitraum für den Vorruhestand von fünf auf drei Jahre vor dem regulären Termin verkürzt wird, selbst für Personen, die bereits Anspruch auf Vorruhestand hätten. "Unserer Meinung nach fehlt dem Gesetz ein Übergangsmechanismus, der die Änderung über die Zeit verteilt, so dass wir das Ziel von fünf auf drei Jahre schrittweise erreichen würden", fasste Bezděk zusammen.

Zdeněk Nytra (ODS), Vorsitzender der ODS/TOP'09-Fraktion im Senat, wies die Argumente von Bezděk jedoch zurück. Er erinnerte daran, dass sich die Rentenbeiträge im Falle einer hohen Inflation nicht in der nächsten regulären Valorisierung im Januar niederschlagen würden - im Gegensatz zu den aktuellen außerordentlichen Valorisierungen, die sie ersetzen sollen. "Mathematisch gesehen ergibt sich für mich (...), dass es in jedem Folgejahr zu Einsparungen kommen muss", sagte er.

Die Oppositionsabgeordnete Jana Pastuchová (ANO) hingegen hofft, dass der Präsident tatsächlich sein Veto einlegen wird. "Ich begrüße die Position des Präsidenten. Ich hoffe, dass es nicht nur eine Unterschrift sein wird, die etwas länger dauert, sondern dass ein Veto tatsächlich ausgesprochen wird. Dann können wir im Abgeordnetenhaus darauf zurückkommen und der Koalition noch einmal erklären, warum wir es für falsch halten", sagte sie.

UPDATE 1.9.2023:

Präsident Pavel erklärte am Nachmittag, dass er trotz seiner Vorbehalte das Gesetz unterschreiben werde. "Ich habe beschlossen, diesen Gesetzentwurf nach sorgfältiger Prüfung und trotz der unten aufgeführten Vorbehalte zu unterzeichnen", sagte er in einer Erklärung. Problematisch finde er jedoch nach wie vor die plötzliche Verkürzung des Zeitraums der möglichen Frühverrentung von fünf auf drei Jahre vor dem regulären Rentenalter.


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