
Wenn der Vorsitzende der ANO-Bewegung, Andrej Babiš, nicht in der Lage wäre, seinen Interessenkonflikt zufriedenstellend zu lösen, würde er mit seiner Ernennung zum Premier "zur Entstehung einer rechtswidrigen Situation" beitragen, sagte Präsident Petr Pavel gegenüber dem Sender Radiožurnál im Zuge der Feierlichkeiten des Tages der Demokratie am 17. November. In einem solchen Fall wäre es seiner Meinung nach gut, wenn die Bewegung einen anderen Kandidaten vorschlagen würde. Wenn Babiš zum Zeitpunkt seiner Ernennung zum Premier Eigentümer des Konzerns Agrofert wäre, befände er sich in einem Interessenkonflikt. Der stellvertretende Vorsitzende der ANO, Karel Havlíček, stellte klar, dass Babiš der einzige Kandidat der Bewegung sei.

Petr Pavel und Andrej Babiš
Bild: Odbor komunikace KPR/Zuzana Bönisch
Babiš erklärte zuvor am 13. November, dass er "kurz vor seiner Ernennung" zum Premier durch das Staatsoberhaupt bekannt geben werde, wie er den Interessenkonflikt lösen werde. Wenn der Präsident dies wünscht, werde er dies öffentlich bekannt geben. Die Babiš-Vertraute und künftige Finanzministerin Alena Schillerová (ANO) sagte dann am Sonntag darauf im tschechischen Fernsehen, dass Babiš bei der Lösung "irreversible Schritte" unternehmen werde, Agrofert aber "nicht verkaufen" werde.
"Ich würde gerne glauben, was Alena Schillerová und Andrej Babiš sagen, aber ich denke auch, dass wir unsere Lektion gelernt haben sollten und keine Katze im Sack kaufen sollten", bemerkte der Präsident in seinem Radio-Interview. Seiner Meinung nach ist für die Ernennung des Premiers Transparenz erforderlich. Er wies darauf hin, dass Babiš bereits in seiner vorherigen Amtszeit als Regierungschef zwischen 2017 und 2021 mit Interessenkonflikten zu kämpfen hatte. "Aufgrund des Urteils des Verfassungsgerichts bin ich verpflichtet, Andrej Babiš zu fragen, wie er diesen Interessenkonflikt lösen will, damit wir uns nicht weitere vier Jahre mit Rechtsstreitigkeiten befassen müssen", betonte Pavel.
Bei seinem ersten Treffen auf der Prager Burg kurz nach der Wahl stellte Babiš Pavel einige Lösungsvarianten vor. "Ich habe ihm damals gesagt: 'Ja, das sind Varianten, die zu einer Beseitigung des Interessenkonflikts führen würden'. Andrej Babiš interpretiert dies jedoch als Zustimmung zu einer Lösung, aber er hat mir nur Varianten genannt, ohne mir zu sagen, für welche er sich entscheiden wird. Ich kann daher nicht sagen, ob ich damit zufrieden bin oder nicht", so der tschechische Präsident.
"Wenn Andrej Babiš nicht in der Lage wäre, seinen Interessenkonflikt zufriedenstellend zu lösen, würde ich mit seiner Ernennung zur Entstehung einer rechtswidrigen Situation beitragen. Ich glaube, dass die Öffentlichkeit das nicht von mir erwartet, und die Verfassung erwartet es ganz sicher nicht. In einem solchen Fall wäre es wohl gut, wenn der Wahlsieger einen anderen Kandidaten vorschlagen würde, der nicht in einem Interessenkonflikt steht", fügte Pavel hinzu.
Der stellvertretende Vorsitzende der ANO-Bewegung, Karel Havlíček, erklärte in Reaktion auf die Äußerungen des Präsidenten gegenüber dem Server idnes.cz, dass Babiš "der einzige Kandidat der Partei" für das Amt des Premiers bleibe.
"Andrej Babiš hat die Pflicht zu erklären, wie er den Interessenkonflikt lösen und diesen Interessenkonflikt beseitigen wird", reagierte der scheidende Premier und Vorsitzende der bürgerlichen ODS, Petr Fiala, auf die Erklärung des Präsidenten. Der Interessenkonflikt sei seiner Meinung nach nicht nur eine moralische, sondern auch eine praktische Angelegenheit. "Die Unternehmen von Andrej Babiš haben in der vergangenen Legislaturperiode, als er Premier war, bereits rund sieben Milliarden (290 Mio. Euro, Anm.) an Subventionen erhalten, die sie zurückzahlen müssen. Das ist Geld, das den Bürgern oder anderen Unternehmen zugute kommen sollte, die Anspruch darauf hatten. Das ist eine ernste Angelegenheit. Es darf nicht sein, dass wir erneut in eine ähnliche Situation geraten", meinte Fiala.
Motoristen-Chef Macinka: "Spielchen des Präsidenten"
Der Vorsitzende der SPD, Parlamentspräsident Tomio Okamura, betonte, dass Babiš nach den geltenden Gesetzen derzeit nicht in einem Interessenkonflikt stehe, sondern erst mit seiner Ernennung in einen solchen geraten würde und die Angelegenheit dann innerhalb von 30 Tagen klären müsste. "Meiner Meinung nach sollte der Präsident in Übereinstimmung mit dem Gesetz und dem demokratischen Wahlergebnis handeln, d. h. den Wahlsieger zum Premier ernennen, woraufhin die gesetzliche Frist von dreißig Tagen beginnt", erklärte Okamura.
Babiš stellt ein Kabinett aus ANO, SPD und Motoristen zusammen. Der Vorsitzende der Motoristen, Petr Macinka, sagte, dass er "diese Spielchen" nicht wirklich verstehe. "Andrej Babiš hat bereits vor einigen Tagen angekündigt, dass er kurz vor seiner Ernennung öffentlich bekannt geben werde, wie er ihn (den Interessenkonflikt, Anm.) lösen werde. Ich gehe davon aus, dass dies in Ordnung sein wird", sagte er. Über Details wollte Macinka nicht sprechen. "Es ist sinnlos, ein Spiel zu spielen, dass es eine öffentliche Debatte über den Interessenkonflikt von Andrej Babiš geben soll", meinte er. Macinka erinnerte daran, dass Babiš die Wahlen gewonnen habe, obwohl die Menschen auch über seine Vermögensverhältnisse informiert waren.
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