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07 Sep
Energiekrise: Tschechien verlässt sich nicht auf die EU und geht eigenen Weg

Die Tschechische Republik lehnt die Begrenzung der Preise für aus Russland importiertes Gas ab. Sie plant neue Maßnahmen für tschechische Verbraucher. Tschechien wird versuchen, die Frage einer möglichen Deckelung der Preise für russisches Gas von der Tagesordnung des Treffens der EU-Energieminister am 9. September zu streichen. Anlässlich einer Sitzung des Senatsausschusses für Wirtschaft, Industrie und Handel erklärte Minister Jozef Síkela, dass sein Ministerium Maßnahmen für alle Energieverbraucher vorbereitet habe.

Foto: 123.site/Benjamin Massello/Unsplash

Nach Ansicht von Industrie- und Handelsminister Síkela ist diese Vorgangsweise eher ein politisches Instrument, als eine Lösung für die derzeitige Energiekrise in Europa.

"Meiner Meinung nach ist das ein unkonstruktiver Vorschlag. Es handelt sich um eine weitere Variante von Sanktionen gegen Russland und nicht um eine Lösung für die derzeitige Energiekrise in Europa. Und wir wollen jetzt keine weiteren Sanktionen vorbereiten, sondern die Energiesituation lösen", sagte Síkela.

Daher werde die Tschechische Republik als Vorsitzland versuchen, das Thema einer möglichen Deckelung der russischen Gaspreise von der außerordentlichen EU-Ratstagung am Freitag in Brüssel zu streichen.

Trennung von Strom- und Gaspreisen?

Síkela sagte, die europäischen Minister sollten kommenden Freitag mehrere Optionen zur Lösung der Krise erörtern. Die Tschechische Republik werde beispielsweise das so genannte Iberische Modell, das eine Trennung der Strom- und Gaspreise auf dem Markt vorsieht, in das Treffen einbringen wollen.

Nach Ansicht des Ministers würde die Vorgehensweise vor allem bei Strom helfen, der seiner Einschätzung nach auf ein Niveau von etwa 200 bis 400 Euro pro Kilowattstunde gesenkt werden könnte. Bei Gas hingegen würden die Preise wahrscheinlich auf einem ähnlichen Niveau bleiben wie jetzt.

Premier Petr Fiala (ODS) wurde in Polen zum "Mann des Jahres" gewählt - eine Auszeichnung, wie sie einst Präsident Václav Havel erhalten hat. Fiala verhandelte in Polen über die Stork II-Pipeline, eine weitere Gasröhre zwischen den beiden Nachbarländern. Síkela gab jedoch zu bedenken, dass dieses Modell zu einem höheren Gasverbrauch führen könnte, was im Falle eines stärkeren Winters die europäische Versorgung gefährden würde.

Eine weitere Option wird von der Europäischen Kommission vorgeschlagen, die die Preise für einige billigere Energiequellen wie Kernkraftwerke deckeln will. Síkela sagte, dass steuerliche Regelungen für Energieerzeuger und -verteiler ebenfalls eine Option darstellen.

Der Industrieminister will auch eine Diskussion über die Möglichkeit der Begrenzung des Verkaufs von Emissionszertifikaten eröffnen. So würde eine Begrenzung des Genehmigungsprogramms auf ein Jahr keine Abweichung von den Klimazielen der EU bedeuten: "Die Situation ist außergewöhnlich, also wären auch eine außergewöhnliche Maßnahmen gerchtfertigt", betonte er. Gleichzeitig fügte er hinzu, dass er der Möglichkeit einer Begrenzung des Programms für Emissionszertifikate keine große Chance einräumt, da die Europäische Kommission dagegen sei.

Darüber hinaus hat der Industrieminister nach eigenen Angaben bereits ein Maßnahmenpaket ausgearbeitet, um die Auswirkungen der Energiekrise auf alle Verbrauchergruppen zu bewältigen. Dazu gehören z. B. Ausgleichszahlungen für Unternehmen, deren Rentabilität gesunken ist. Laut Síkela sollen die in Vorbereitung befindlichen Maßnahmen über die Vereinbarungen in der EU hinausgehen.

Die von den EU-Energieministern erzielten Vereinbarungen werden nicht ausreichen, um die Krise zu lösen, so der Minister. "Daher haben wir fast ein ganzes Bündel von Maßnahmen zur Regulierung und Intervention bei den Energiepreisen parat. Diese werden sich an alle Verbrauchergruppen richten - an Haushalte, an Versorgungsunternehmen und an den Unternehmenssektor", erklärte Síkela.

Was erwartet die tschechischen Haushalte?

Laut Síkela gibt es Möglichkeiten für Haushalte oder öffentliche Dienste, die Energiepreise zu begrenzen. Der Staat möchte ihnen gegenüber einen ähnlichen Ansatz verfolgen. Der Minister wies jedoch auch darauf hin, dass es notwendig sein wird, die Intervention im Staatshaushalt zu berücksichtigen. Dies wird von den weiteren Entwicklungen auf dem Energiemarkt und von Vereinbarungen im EU-Bereich abhängen, sagte er.

Das Ministerium für Industrie und Handel würde dann Vorschläge für Entschädigungen von Unternehmen parat haben. Die bereits angedachten Entschädigungen für Unternehmen, die in die Verlustzone geraten sind, seien nicht ausreichend, so der Minister. Der neue Plan sollte daher auch Unternehmen, deren Rentabilität aufgrund der derzeitigen Krise erheblich gesunken ist, die Möglichkeit eines Ausgleichs bieten. In einem solchen Fall würde der Staat die Entschädigung nach vorher festgelegten Kriterien verteilen.

Síkela bekräftigte auch, dass die Tschechische Republik den gesamteuropäischen Strommarkt nicht verlassen kann. "Wir exportieren Strom in die Nachbarländer, sind aber andererseits zu 100 % von Gas- und Ölimporten abhängig. Daher kann man sich nicht nur auf den Strommarkt verlassen und dann auf anderen Märkten Solidarität einfordern", fügte der Minister hinzu.

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